Vorgeschichte und die Rolle Jean Monnets (2. Teil)

Seit 1946 versuchte die USA Europa unter die Arme zu greifen, den Kontinent sozusagen zu stabilisieren, z.B. in Form des Marshall-Plans. In den 10 Jahren zwischen 1947 und 1957 nahmen die Vereinigten Staaten von Amerika einen ganz wesentlichen Part in der Europapolitik ein, und zwar den als quasi Antreiber eines Einigungsprozesses. Anlässlich des während des Krieges entstandenen Gedanken zu einem einheitlichen Europa, wurde auf dem Haager Kongress vom Mai 1948 die Europäische Bewegung gegründet, aus der nur ein Jahr später der Europarat, der seinen Sitz in Straßburg hatte entstand. Im Brüsseler Pakt von 1948 legten Großbritannien, Frankreich und die Benelux-Staaten ein gemeinsames Verteidigungsinteresse fest. Einerseits gegenüber der Sowjetunion und andererseits gegenüber einer eventuell neuerlichen Bedrohung durch Deutschland. Europa sollte die Lösung dafür sein, das nicht mehr besetzte Westdeutschland in eine westeuropäische, politische und wirtschaftliche Struktur zu integrieren, da noch immer eine gewisse Bedrohung von Seiten der Deutschen ausging und es leicht möglich sein kann, dass ein neuer Krieg entflammt. Man wollte der Deutschen Republik, die sich gerade erst aus den Fängen des Nationalsozialismus gelöst hat, nicht die Chance auf eine „neue“ und bessere Zukunft verweigern.

Robert Schuman sah seit 1949 dazu verpflichtet ein Konzept auf die Beine zu stellen, wie man Deutschland in Zukunft behandeln soll. Vor der Gründung des Europarates hat die USA gemerkt, dass Großbritannien wenig Engagement entgegenbringt und sich daher entschlossen, Frankreich die Führungsrolle in der Integrationsfrage zu übergeben. Während des zweiten Treffens der Außenminister der NATO-Mitgliedsländer wurde Schuman vom amerikanischen Vertreter Acheson aufgefordert, ein grundlegendes Konzept für die Deutschlandfrage, die gemeinsame Deutschlandpolitik zu erstellen (in jener Woche der Konferenz wurde im Übrigen Konrad Adenauer zum ersten deutschen Bundeskanzler gewählt). Die nächste Außenminister-Sitzung sollte in London, vom 11. – 13. Mai stattfinden. Schuman hatte nur noch ein halbes Jahr Zeit zu überlegen. Er nahm den Auftrag sehr ernst, jedoch hatte er dazu lange Zeit keine einzige Idee, auch seine Mitarbeiter nicht. Der Termin des nächsten Treffens rückte immer Näher, und damit nahm auch die Dringlichkeit eines Konzeptes immer mehr zu. Es entstanden jedoch einige Spannungen zwischen Frankreich und Deutschland, da die französische Regierung versucht hatte die wirtschaftliche Trennung des Gebietes rund um die Saar von deutschem Boden mit der Saar-Regierung zu verankern. Adenauer war daraufhin sehr verbittert, und auch ein Besuch Schumans in Bonn machte die Situation nicht einfacher. Zur gleichen Zeit wurde die Stahlproduktion in Deutschland von 10 auf 14 Millionen Tonnen angehoben. Frankreich konnte hierbei nicht mehr mithalten, da sie maximal 9 Millionen Tonnen erzielen konnten. Es drohte daher eine Verzerrung des Marktes, und nicht unwesentlich, der Machtverhältnisse.

Im Jahr 1950 begann Monnet damit, sich mit der Stellung Deutschlands in Europa auseinander zu setzen, vor allem aber mit den Problemen die die Franzosen haben, wenn Deutschland eine quasi „Vormachtstellung“ innerhalb der Stahlindustrie einnimmt. In seinem Urlaub in den Alpen, genauer gesagt während eines Wanderausfluges in den Schweizer Bergen dachte er über die Rolle Deutschlands in der Kohle- und Stahlindustrie und den Ängsten der Franzosen vor einer politischen und wirtschaftlichen wieder erstarkten Republik, die noch ein paar Jahre zuvor nationalsozialistisch geprägt war, nach. Als er wieder nach Paris zurückkehrte, schrieb er all seine Gedanken und Überlegungen, „[…] wie die Kohle- und Stahlproduktion mehrerer Staaten zu einem die nationalen Grenzen aufhebenden gemeinsamen Markt zusammengefasst und einer gemeinschaftlichen Behörde unterstellt werden könnte“ , auf. Jean Monnet arbeitete viel mit dem Rechtsberater des französischen Außenministeriums, Paul Reuter zusammen. Mit ihm entwickelte er schließlich am 16. April 1950, die erste Fassung des,
bis zum 6. Mai noch acht Mal überarbeiteten Schuman-Plans. Zuerst versuchte das geniale Genie Monnet, den damaligen Ministerpräsidenten Bidault von seinen Gedanken zu überzeugen, der sich aber nur spärlich für die Ideen interessierte. Anschließend machte der Kabinettchef Schumans, Bernd Clappier Monnet darauf aufmerksam, dass der Außenminister einen geeigneten Vorschlag bzw. Text für die Tagung am 11. Mai suche. Schnell waren beide Personen in Kontakt getreten. Am 3. Mai stellte Schuman zum ersten Mal die Ideen vor, jedoch zu unpräzise, so dass sie kaum diskutiert wurden. Robert Schuman drängte Monnet daraufhin zur Fertigstellung des Textes. Vorab wussten kaum mehr als 10 Leute über den Plan bescheid, darunter waren unter anderem der deutsche Kanzler Adenauer und der amerikanische Außenminister Acheson, die beide diesem Vorschlag sofort zustimmten.

Heater, Derek: Europäische Einheit - Biographie einer Idee, übersetzt und annotiert von Wolfgang Schmale und Brigitte Leucht, Bochum 2005; engl. Orig. Heater, Derek: The Idea of European Unity, Leicester 1992

Knipping, Franz: Jean Monnet, Robert Schuman und der Durchbruch zur europäischen Einigung, in: Duchhardt, Heinz (Hrsg.): Europäer des 20. Jahrhunderts - Wegbereiter und Gründer des modernen Europa, Mainz 2002, S. 69-90

Knipping, Franz: Rom, 25. März 1957 - Die Einigung Europas, München 2004

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