Montag, 14. Januar 2008

Unterkapitel 3.2.

3.2. EWG und EAG
Nach den eher nicht bzw. eigentlich überhaupt nicht erfolgreichen Projekten EVG und EPG herrschte Skepsis und Depression. Die Frage „wie soll es weiter gehen?“ stand im Raum. Doch schon nach ein paar Monaten machte man weiter und gründete nur zwei Jahre danach die Europäische Wirtschafts- und Atomgemeinschaft. Eine der wichtigsten Personen in dieser schwierigen Zeit war wieder einmal Jean Monnet, immer in Begleitung seiner Mitarbeiter. Monnet hatte zunächst die Idee, die Montanunion auszuweiten, konkreter ausgedrückt wollte man nicht nur die Stahl- und Kohleindustrie integrieren, sondern auch Gas, Elektrizität und Verkehr. Durch die USA geriet immer mehr die Möglichkeit ins Blickfeld, die Atomenergie zu vergemeinschaften, 1. in Hinblick auf eine friedliche Nutzung und 2. auf einen möglichen Alleingang der Deutschen beim Aufbau einer Atomindustrie. An dieser Stelle kommt ein neuer Name ins Spiel, und zwar jener des belgischen Außenministers Paul-Henri Spaak. Spaak beriet sich mit Monnet und übernahm quasi die Funktion Schumans von 1950 als Initiator. Der Belgier setzte einen Brief an die 5 Außenminister der Montanunionsstaaten auf und berichtete über die Vorschläge Monnets über eine Ausweitung der EGKS. Der niederländische Außenminister Johan Willem Beyen meinte dazu, dass bevor man gemeinsam politisch tätig wird, ein gemeinsamer Markt errichtet werden müsste, sprich man muss sich zuerst auf wirtschaftlicher Seite einig werden und dementsprechend zusammen arbeiten. Er sprach sich vor allem dafür aus, die wirtschaftliche Einigung in Europa zu erzielen. Genauer meinte er damit, dass man eine Union für wirtschaftliche Angelegenheiten brauche. Monnet und Spaak waren nicht gerade erfreut über die Ideen Beyens, da sie wie sie meinten zu komplex und ehrgeizig sind, vor allem in Anbetracht des Scheiterns der EVG. Deutschland jedoch unterstützte die Vorschläge des Niederländers. Auch in Bezug auf die Atomenergie war man sich einig, dass man auf den von Frankreich geführten Zug nicht aufspringen möchte. In Technologie- und Energiefragen rund um die Nutzung von Atomenergie wollte man eher die USA und Großbritannien zu Rate ziehen und sich nicht von Frankreich leiten lassen. Monnet unternahm Versuche, das Projekt der Atomgemeinschaft „an den Mann zu bringen“ bzw. vorzustellen. Die Regierung in Deutschland mit Sitz in Bonn wollte nur dann beitreten, wenn darüber hinaus und gleichzeitig dazu eine Wirtschaftsunion mit einem freien gemeinsamen Markt aufgebaut wird. Der Präsident der Hohen Behörde musste daraufhin feststellen, dass eine weitere Integration auf europäischem Gebiet ohne eine Wirtschaftsgemeinschaft nicht funktionieren würde. Die Ideen von Beyen und Monnet wurden konkretisiert und sozusagen miteinander verflochten. Auch die Italiener und die Deutschen hatten gewissermaßen ähnliche Vorstellungen gegenüber den angesprochenen Ausweitungssektoren Verkehr, Energie und hier speziell die Atomenergie sowie die westeuropäische Gesamtwirtschaft.

Doch die Regierung in Frankreich war mit den Vorschlägen nicht ganz zufrieden. Trotz alledem fand eine Konferenz der Außenminister, und zwar vom 1. bis zum 3. Juni 1955 in Italien in der Stadt Messina statt. Vorerst sah alles so aus, als würde ein weiteres Projekt, und man muss fast schon dazusagen „wieder einmal“ an Frankreich scheitern, doch die Französische Republik lenkte schließlich ein, wenngleich mit pessimistischen Tönen gegenüber dem Vorhaben Spaaks. Dieser wurde kurze Zeit später zum Leiter des so genannten „Vorbereitungsausschusses“ des Messina-Projektes gewählt.

Konkretisiert, wie Knipping es ausdrückt wurde das Messina-Projekt in zwei wesentliche Abschnitte unterteilt: zwischen Juni 1955 und April 1956 wurde ein Bericht ausgearbeitet und zwischen Juni 1956 und März 1957 wurden die Verträge für beide Projekte vereinbart. Von der amerikanischen Regierung hörte man diesbezüglich nur positive Kommentare, die Regierung von Übersee motivierte die Beteiligten zunehmendst. Aber auch in diesem Zusammenhang hatte Jean Monnet mit der Gründung des „Aktionskomitees“ seine Finger im Spiel. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Präsident der Hohen Behörde, sondern fungierte als vermittelnder Privatmann zwischen den einzelnen Regierungen. Das Aktionskomitee hatte sich zum Ziel gesetzt, das Scheitern zukünftiger Projekte von Seiten der nationalen Parlamente zu verhindern. Er reiste daher in alle Hauptstädte der EGKS-Staaten, wo seinem Vorschlag allerorts zugestimmt wurde. Man merkte, dass er auch bei der Gründung dieser Organisation seinen genialen Verstand spielen ließ, da das Komitee sich knapp 20 Jahre lang hielt. Monnet höchstpersönlich löste es erst im Jahr 1975 auf.

Am 9. Juli 1955 fand eine Sitzung, geleitet von Spaak mit allen 6 Delegierten und sogar einer 7. Delegation, nämlich den Briten statt. Es wurden die Ausweitungen der Montanunion diskutiert und in diesem Sinne wollte man gleichzeitig das Messina-Projekt konkretisieren. Die Verhandlungen über einen gemeinsamen Markt bzw. über eine Wirtschaftsgemeinschaft waren intensiv. Es fehlte etwas an Zeit und so wurde ohne einen Blick auf vergangene, missglückte Ereignisse zu riskieren, „nach vorne“ gearbeitet. Von 1955 bis 1956 wurde ein Konzept einer weiteren Integration, nach langen und harten Sitzungen und immer wieder verschobenen Terminen der Ausschüsse erarbeitet. Abseits der Tagungen äußerte man aber doch wieder Bedenken, vor allem aufgrund der Reise Adenauers nach Moskau, den Parlamentswahlen in Frankreich und der neuerlich aufkommenden Frage bezüglich des Saargebiets. Spaak beorderte daraufhin einige Mitarbeiter zu einer Klausur nach Frankreich, um zwischen Nizza und Monaco ein Konzept auf die Beine zu stellen. Monnet war diesmal nicht direkt beteiligt, dafür aber einer seiner engsten Mitarbeiter mit Namen Pierre Uri. Der Konzeptentwurf wurde am 8. April 1956 zum ersten Mal vorgestellt, am 21. April desselben Jahres veröffentlich und wenige Tage Später Anfang Mai den übrigen Kollegen ausgehändigt. Einige Ideen, vor allem die der Energieträger Gas und Elektrizität sowie jene des Verkehrswesens mussten aufgrund mangelnder Durchsetzbarkeit aus dem Konzept gestrichen werden. Man konzentrierte sich jedoch auf den gemeinsamen Markt in Verbindung mit einer Zollunion sowie auf die Atomenergie. Die Frage der militärischen Nutzung der Atomenergie wurde nicht beantwortet, das sei Aufgabe der Politik hier einen gemeinsamen Konsens zu schaffen. Am 29. und 30. Mai 1956 einigte man sich darauf, den Bericht Spaaks als Grundlage für die Verhandlungen zur Hand zu nehmen. Die Gespräche gingen am Anfang nur langsam voran, ab dem Herbst wurde das Tempo aber verschärft. Am 9. März des Folgejahres nahmen die unzähligen Verhandlungen und Diskussionen ein Ende. Bis zu den Verträgen von Rom wurden noch etwaige Kleinigkeiten geklärt. Es wurde außerdem noch einmal verlautbart, dass eine Gemeinschaft des Atomenergiesektors nur in Verbindung mit einem gemeinsamen Markt bzw. mit einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf lange Sicht Erfolg bringen wird.

Knipping, Franz: Rom, 25. März 1957 - Die Einigung Europas, München 2004.

S3

Einführung in die wissenschaftliche Wissens- und Textproduktion

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